"Der hat mir die Gewerbeaufsicht auf den Hals geschickt."
Als ich 2019 auch im Rahmen unserer Bürgerinitiative näher ins Gespräch mit verschiedenen Leuten gekommen bin, äußerte den o.g. Satz ein Unternehmer über Henning von der Lieth in seiner Funktion als Ortsbürgermeister. Nun kannte ich ihn zwar (flüchtig) von früher, aber das war ja schon 20-30 Jahre her. "Das glaube ich nicht." war dann auch meine Reaktion, die dazu führte, dass der Kollege seine Sichtweise mit Details näher erläuterte. "Das hat er mir doch selber gesagt." war eine seiner Aussagen, die mich umso mehr erstaunten.
Das klang immer noch unglaubwürdig. Zum einen ist das Diskreditieren von Dritten im Gespräch immer skeptisch zu sehen, zum anderen war der dargestellte Sachverhalt so krass, dass eine ordentliche Portion Skepsis angebracht war. Angeblich soll Henning von der Lieth ihn bei der Gewerbeaufsicht nur denunziert haben, weil er mit seinem Unternehmen geschäftlichen Interessen Henning von der Lieths im Wege stand, die dieser über seine politische Tätigkeit durchsetzen wollte. Holla die Waldfee, das war mal ein Vorwurf.
Kurzer Exkurs, warum ich das anfangs einfach nicht glauben wollte:
Als Ortsbürgermeister (und in diesem Fall auch Ratsmitglied) stehst du ja auf Seiten der Legislative. Du machst die Regeln, aber die Umsetzung erfolgt durch die Exekutive, von der du aufgrund der in Deutschland geltenden Gewaltenteilung als Politiker immer ausreichend Abstand halten solltest (musst), um korrektes Agieren darzustellen. Hier war die Aussage, dass Henning von der Lieth die Exekutive (die Gewerbeaufsicht) einsetzt, um die politische Entscheidungsfindung für einen persönlichen Vorteil positiv zu beeinflussen. Viel krasser geht´s ja nicht mehr, was unsere demokratischen Grundsätze anbelangt.
Dann gibt es ja keine Pflicht, den Nachbarn anzuschwärzen. Warum hätte Henning das tun sollen? Da ist eigentlich ja im Sinne der Dorfgemeinschaft ein anderes Verhalten gefragt. Wer als Ortsbürgermeister seine Mitbürger denunziert, der ist doch nicht mehr tragbar. Der kann doch gleich zu Hause bleiben, weil er sich nirgends mehr blicken lassen kann, ohne was "an die Ohren" zu bekommen, oder? Auch aus diesem Grunde klang das zunächst unglaubwürdig.
Auch konnte ich in der Vergangenheit Erfahrungswerte aufbauen, die es mir als unwahrscheinlich erschienen ließen, dass ein erfahrener Ortsbürgermeister derart in die Provokation eines Unternehmers einsteigt: "Da brauche ich keinen Anwalt, da fahre ich mit der Baseballkeule hin." entgegnete mir einmal ein "Ruhrpott"-Unternehmer, als ich ihn in Bezug auf seinen Geschäftspartner und unseren Ex-Mitarbeiter nach einem interessanten, aufklärenden Gespräch auf seine rechtlichen Möglichkeiten hinwies. Oder einer unserer damaligen Spediteure, der nach einer ereignisreichen Nacht (eine Serien von Zigarettendiebstählen aus seinen LKW auf unserem Gelände fand ein Ende) bei mir im Büro im vertraulichen Gespräch berichtete: "Hörn se, Herr Schmarje, da bin ich hin zu den Beamten, hab denen gesacht, dass ich mir den mal anschauen muss. Und dann habe ich dem eine gelangt, ich kann Ihnen sagen, meine Hand tut mir jetzt noch weh." Kurz: Es ist völlig ungeschickt, einem Unternehmer durch unnötige, illegale oder nicht den Handelsgebräuchen entsprechende Aktionen an den Karren zu fahren. Insbesondere wenn es im Geschäft mit eher dünnen Margen an die wirtschaftliche Existenz des Unternehmers geht. Unternehmer in Branchen, die ohnehin nicht zimperlich miteinander Umgehen, können dann entsprechend unangenehm reagieren. Natürlich ist das Verhalten der o.g. Unternehmer zu missbilligen. Habe ich in beiden Fällen auch deutlich gemacht. Aber Ihr kennt den Spruch: Auf seinem Grabstein stand: Er hatte Vorfahrt. Das macht man einfach nicht so. Man schickt keinem Unternehmer die Behörden an den Hals. Gerade als Ortsbürgermeister spricht man mit ihm und lässt ihn selbst seinen Veränderungsbedarf erkennen. Soweit vorhanden. Auch deshalb konnte ich das trotz aller Beteuerungen zunächst nicht glauben.
Nun gut. Die Geschichte war erzählt, ich konnte sie nicht glauben. Da hatte ich ein Thema, das geklärt werden musste. In einem meiner Telefonate mit Henning von der Lieth baute ich also das Thema zur passender Zeit in einem Nebensatz mit ein, indem ich darauf hinwies, dass die Gewerbeaufsicht ja schon da gewesen sei und alles in Ordnung gewesen wäre. "Dem hätte ich zeigen können, wo er was findet." regte sich Henning von der Lieth sofort über den Kollegen von der Gewerbeaufsicht auf und hat damit gleich mehrere Punkte offenbart:
- Der Unternehmer hatte recht. Das Unglaubliche war tatsächlich passiert: Der Ortsbürgermeister Henning von der Lieth hatte einem Unternehmer die Gewerbeaufsicht auf den Hals geschickt. Mehr noch: Er wollte, dass sie was finden.
- Der Grund für ein solches, scheinbar irrationales Verhalten ergab sich dann auch aus dem Gespräch: Die Aussage fiel im Zusammenhang mit Konflikten, die aufgrund der Nachbarschaft des Betriebes des Unternehmers zu einem geplanten Baugebiet zu erwarten gewesen wären. Henning von der Lieth wollte den Unternehmer bewusst schädigen bzw. zu einer Verlegung seines Betriebes nötigen (oder die Voraussetzungen für eine entsprechende Verhandlungsposition schaffen), um die sonst im Raum stehende Lärmschutzwand (Kosten, Optik) oder planerischen Restriktionen (die Bauverwaltung der Stadt Geestland war schon am überlegen, ob dann vorgegeben werden muss, die Schlafzimmer in dem Neubaugebiet auf der abgewandten Seite vorzusehen) zu vermeiden. In sich schon wieder unglaubwürdig, oder? Nun ja, hier kommt dann der persönliche Vorteil ins Spiel. Und wenn´s ums Geld geht, hört bekanntlich die Freundschaft auf:
- Weitere Analysen zeigten dann, dass Henning von der Lieth geglaubt hatte, das Neubaugebiet mit Wärme aus seiner Biogasanlage versorgen zu können, die sonst nach 20 Jahren aufgrund der auslaufenden Förderung viel weniger Ertrag abwerfen würde bzw. unrentabel wäre. Und dann wurde ein Schuh daraus: Das klang plausibel und passte zu der Persönlichkeitsstruktur von Henning von der Lieth. Was Thorsten Krüger damit zu tun hat, die o.g. Analysen und warum Kollegen aus anderen Bürgerinitiativen der Meinung waren, Henning hätte sich hier von Krüger vorführen lassen, findet Ihr auf anderen Seiten (folgt noch).