Transparenz - Dialog - Konsens für Geestland

Die Bürgerinitiative für Elmlohe

Bauen und Wohnen

Die bisherige Strategie der Geestland (und anderer umliegenden Gemeinden), über neue, günstige Baugebiete neue Einwohner aus Bremerhaven (und teils anderen Regionen) in die Stadt zu locken, um den prognostizierten Bevölkerungsrückgang auszugleichen, ist an ihrem Ende angelangt. Sie war ohnehin fragwürdig, da damit kostenerhöhende neue Infrastruktur geschaffen wurde, die letztlich zukünftig von der gleiche Anzahl an Menschen unterhalten werden muss. Das wird dann für den Einzelnen nicht billiger. Das ist auch der Grund, warum man die bisherige Strategie als fehlgeschlagen bezeichnen kann, da mit mehr Wohnraum nicht entsprechend mehr Menschen in der Stadt wohnen.

Eine neue Strategie, eine neues Konzept und eine neue Vorgehensweise für die angemessene Entwicklung von Wohnraum muss her. Immer nur neue Baugebiete zu platzieren, führt mangels entsprechender Bewohner in unserer Region zu negativen Ergebnissen (Preisverfall, Leerstand, etc.). Die Wende auf dem Markt insgesamt ist bereits eingeleitet (Zinsen, Baukosten, Inflation etc.).


Übergeordnete Faktoren

In den letzten Jahren haben insbesondere niedrige Bauzinsen, eine hohe Liquidität und ein hoher Migrationsdruck (z.B. 1,7 Millionen Flüchtlinge aus Syrien 2015/-16) in Deutschland den Wohnungsbau auch politisch stark getrieben.

Ohne Migration würde in Deutschland die Bevölkerung sinken. Die Migrationsströme gehen in die wirtschaftlichen starken Ballungsgebiete. Hier zeigt sich der Bedarf an Wohnraum durch hohe Mieten und Baulandpreise. Der ländlichen Raum in der Nähe der Ballungszentren ist von dieser Entwicklung mit beeinflusst. Fehlender oder teurer Wohnraum in der Stadt wird durch den "Speckgürtel" in den Stadtrandlagen kompensiert. Hier entstehen die beliebten Wohngebiete im Grünen für gut verdienende Städter, die dann teils lange oder zeitintensive (Stau) Anfahrtswege zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen.


Was bedeutet das für Geestland?

Geestland hat aufgrund der fehlenden relevanten Wirtschaftsstrukturen keine große Attraktivität für die o.g. Migrationsströme. Ohnehin arbeiten ca. ein Drittel der in Geestland wohnenden Arbeitnehmer in Bremerhaven. Bremerhaven ist zudem im ersten Moment attraktiv für Migranten, da die Stadt ein günstiges Mietniveau hat (hohe Wohnraumverfügbarkeit) und das Land Bremen höhere Sätze für Sozialleistungen.

Bremerhaven hat jahrzehntelang rückläufige Bevölkerung gehabt (Schiffbaukrise etc.) und dadurch vermeintlich (zahlenmäßig) ein ausreichendes Wohnraumangebot. Die Bremerhavener Mieten gehören zu den günstigsten aller deutschen Großstädte (neben Gelsenkirchen und inkl. Ostdeutschland (!)). Dadurch hat es kaum neuen Wohnungsbau oder Neubaugebiete gegeben. Die umliegenden Gemeinden (inkl. Geestland) haben die Situation dann in der Form genutzt, dass sie (im Ergebnis) Neubaugebiete für die gut verdienenden Bremerhavener angeboten haben, die sich der Bremerhavener Misere entziehen wollen. So konnte der eigene Bevölkerungsschwund (demografischer Wandel) ausgeglichen werden. Die Situation ist inzwischen soweit gediehen, dass zu den gut verdienenden Bremerhavener auch Migrationsströme der Vergangenheit (von vor 20-30 Jahren) gehören (vgl. Bewohner im Neubaugebiet Kührstedter Weg in Drangstedt).

Die Entwicklung hat dann auch dazu geführt, dass Geestland pro Einwohner eine ca. 20% höhere Kaufkraft hat als Bremerhaven (103 zu 87 Indexpunkte) und damit sogar leicht über dem Bundesschnitt liegt. In Geestland geht es uns gut, nebenan in Bremerhaven haben wir die "Slums". Auch bei dieser Kennzahl, wie auch bei der Arbeitslosigkeit zählt Bremerhaven zu den schlechtesten Großstädten in Deutschland (vgl. oben).

Wie die Parasiten haben sich die umliegenden Gemeinden mit ihren Baugebieten um Bremerhaven gelegt und saugen der totkranken Stadt das letzte Blut aus. Nun ja, "das Hemd ist uns näher als der Rock" - o.k., aber aufgrund der zukünftig zu erwartenden Entwicklungen müssen wir uns strategisch anders positionieren, damit dieser "Schneeballeffekt" uns nicht irgendwann mitreißt. 

Konkret: Die 15% Einkommenssteuer, die jeder Einwohner in Geestland lässt, egal wo er arbeitet (z.B. auch in Bremerhaven), die nehmen wir natürlich gerne mit, aber bei zukünftig zu erwartender gleichbleibender bis abnehmender Bevölkerung in der Region (für Geestland waren 28.500 Einwohner in 2030 prognostiziert, aktuell haben wir gut 31.000), sollten wir weitestgehend auf neue Baugebiete verzichten und die Bauwünsche auf die bestehende Infrastruktur lenken.

Die bisherige Strategie, über Neubaugebiete die Stadt attraktiver für neue Einwohner zu machen, ist in dem Sinne bereits jetzt fehlgeschlagen. 

Überall wurden Neubaugebiete ausgewiesen. Mit 15 Neubaugebieten wurde Wohnraum für eine Größenordnung von 1.000 Menschen geschaffen. Am Ende hat die Stadt Geestland von 2015 bis 2020 (jeweils 31.12., statistisches Bundesamt) nur 30 zusätzliche Einwohner, und ist dabei vom Höchststand von 2016 noch 74 Einwohner entfernt. So kann man nicht weitermachen.

Auch wenn im Jahr 2021 die Bevölkerung in Geestland nach neueren Zahlen um ca. 300 Menschen gestiegen ist, ist das kein Grund für eine massive Baupolitik. Der Effekt ist anerkannter Maßen temporär durch Corona ausgelöst (Flucht aufs Land) und durch die grundsätzlich zu erwartenden Entwicklungen nicht langfristig bestätigt.

Der demografische Wandel ist nicht abwendbar. Seit ca. 50 Jahren werden weniger Kinder geboren, als alte Leute sterben. Aktuell verlassen uns viele aus der starken Vorkriegsgeneration. Diese Jahrgänge sind grob so stark wie die der Boomer-Generation und damit deutlich stärker, als die in den letzten 30 Jahren geborenen. D.h. eine konstante Bevölkerungsentwicklung ist absehbar nur über die Migration darstellbar. Und diese geht hauptsächlich in die wirtschaftlich starken Regionen und soll auch politisch nur den Verlust ausgleichen und nicht zu einer Bevölkerungssteigerung führen. Die Syrienkrise 2015/-16 hat uns hier die Grenzen aufgezeigt. Durch Corona ist die Migration in den letzten Jahren zudem stark zurückgegangen.

Eine angepasste Baulandstrategie ist längst überfällig:

  • Konzentration auf die vorhandenen Wohn- und Mischgebiete mit Lückenbebauung, Renovierung, Sanierung oder Abriss und Neubau
  • Aktive Unterstützung durch die Stadt/Ortsräte bei der Objektsuche (z.B. bei lokalen Anfragen)
  • Sinnvolles Abrunden und Lückenschließen der Ortslagen mit Augenmaß und im Konsens mit Betroffenen durch neue Wohn- oder Gewerbegebiete, bzw. emissionsunempfindlichere Misch- und Kleinsiedlungsgebiete in ländlichen Lagen zum Schutz der Landwirtschaft
  • Attraktivität über typische Land-Grundstücksgrößen (1.000m² +), die dorftypische Aktivitäten erlauben oder unterstützen (Verein, Nebenerwerb, Gewerbe etc.).
  • Abstimmen der Maßnahmen gemäß der Vorgaben mit den umliegenden Gemeinden, gemeinsame Regionalplanung statt ungesunder Wettbewerb
  • Strategische, langfristige Flächennutzungsplanung entsprechend der Raumordnung und Übernahme der „Netto-Null“ des Bundes als Flächenverbrauchsziel – auch aus Umwelt- und Naturschutzgründen
  • Beteiligung aller Betroffenen, entsprechende Konsensbildung, individuelle Betrachtung jeder einzelnen Ortschaft
  • Entsprechende Förderprogramme des Landes und Bundes nutzen (Dorfentwicklungsprogramm, etc.)

Man kann nicht für die gleiche Anzahl von Menschen pauschal immer neue Baugebiete ausweisen. Nicht nur aus Naturschutzgründen oder zum Schutz der Landwirtschaft, ein Überangebot auf dem Immobilienmarkt kann zukünftig auch die Altersabsicherung vieler Menschen gefährden. Zudem haben eine Reihe von Baugebietsdiskussionen unnötigen Unmut und Stress erzeugt. Auch passen die städtischen Wohngebiete teils nicht aufs Dorf. Hier möchte man 1.000m², nicht 600. Ein „weiter so“ kann es hier nicht geben. 



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