Transparenz - Dialog - Konsens für Geestland

Die Bürgerinitiative für Elmlohe

Analyse Landtags- und Landratswahlen 12.10.2022 Geest- und Cuxland

Landtagswahlen

Zunächst das Ergebnis in Niedersachsen:


  • Die SPD bleibt vorn, obwohl sie verliert. "Amtsbonus" und schlechtes CDU-Ergebnis. Kaum was gemacht im Wahlkampf und trotzdem gewonnen. Merkel-Taktik. Nach den Tiefen der letzten Jahre ist der positive Trend seit 2021 in Frage gestellt. Auch die SPD als Volkspartei bröckelt. Noch mal Glück gehabt. Der Auftrag zur Regierungsbildung geht an die SPD. 
  • Die CDU ist eindeutige in der Krise. Der Verlierer der Wahl. Viel mehr noch als die SPD. Und das schon wieder nach der Bundestagswahl 2021. Als "kleiner Partner" in der großen Koalition ohnehin mit schlechten Karten versehen, ist die Konsequenz nun die Opposition. Aber auch die Opposition im Bund in der aktuellen Krisenlage hat bei der Wahl nicht geholfen. Die CDU hat ein bundesweites Problem. 5,5% Verlust ist eine Nummer. Man konnte die Schwächen der Regierungsparteien im Bund nicht nutzen, sich in Niedersachsen nicht darstellen. Hier ist klarer Handlungsbedarf für Änderungen. Ausreden werden nicht helfen.
  • Die Grünen sind der Überraschungssieger der Wahl. Plus 5,8%! Gut ein Drittel mehr Stimmen. Nicht schlecht. Aber: Im Bundestrend war ohnehin Nachholbedarf angesagt. 14,5% ist immer noch weniger als 2021 bei der Bundestagswahl (14,8%). Viele Neuwähler? FFF lässt grüßen? Nein, bei genauer Analyse kommt der meiste Wählerzuwachs von SPD, CDU und Zugezogenen. Der SPD-CDU-Filz hat ein Problem. Es wird wohl auf Rot-Grün hinauslaufen (müssen). Eine nochmalige große Koalition würde eine weitere Selbst-Zerstümmelung der beiden bedeuten.
  • Auch die AfD muss als klarer Wahlsieger eingestuft werden. Wer sie als Protestpartei sieht, muss folglich den klaren Handlungs- und Veränderungsbedarf bei SPD und CDU ableiten. 

Da hat bei der CDU der populistische Wahlkampf mit AfD-Farben und Parolen ("Null Toleranz für Clans") nichts, aber auch gar nichts geholfen. Im Gegenteil: gerade die CDU treibt mit ihrer Politik (Geheimniskrämerei, Nebeltaktik, Führen über Unsicherheiten, Filz, Arroganz, Befindlichkeiten und Ausgrenzung) und Korruptionsvorwürfen die Wähler zu den Grünen (3,9%, netto: 3,1%) und der AfD (4,3%, netto: 3,5%). D.h. die CDU hat 6,6% der Stimmen im Ergebnis an AfD und Grüne verloren. Krass. Wenn das so weitergeht, diskutieren wir bald, wer mit Grünen oder AfD die Regierung bildet und nicht die SPD oder CDU Wahlsiege.

Und die FDP? Gehört nun zu den "Sonstigen", die es nicht in den Landtag geschafft haben, während die eigentlichen Sonstigen verhältnismäßig stark waren (Verlust der Etablierten, weitergehende Proteste). 


Die Landtagswahlen in Geest- und Cuxland

Neben AfD und Grünen ist im Wahlkreis 057 Geestland Claus Seebeck klarer Wahlsieger gegen den Trend seiner CDU, d.h. bei allerhand Gegenwind. Auch wir hatten ja noch mit der taktischen Wahl für Daniela Behrens geschossen, da auch bei der Geestland-CDU nicht alles bestens ist. Tatsächlich hat Claus Seebeck zwar den Wahlkreis gewonnen und zieht in den Landtag ein, jedoch im Vergleich zu 2017 hat auch er Prozentpunkte verloren (hier war damals der im letzten Jahr (2021) bei der Kommunalwahl abgelöste Bürgermeister von Hemmoor, Lasse Weritz angetreten). 2,2% bei der Erststimme und 6% (!) bei den Zweitstimmen fehlen zu Lasse Weritz 2017. Während die Wahlsiege der Grünen und der AfD ebenso wie das schlechte Ergebnis bei den Zweitstimmen der CDU dem allgemeinen Trend zuzuordnen sind (s.o. Landtagswahl), stellt sich schon die Frage, woher das im Verhältnis gute Ergebnis von Claus Seebeck bei der Erststimme kommt. Zwei Kerngründe lassen sich identifizieren:

  • Claus Seebeck hat einen guten Wahlkampf gemacht und sich dabei auch abseits der unglücklichen CDU-Parolen persönlich bei jeder Gelegenheit sehen lassen und stand für Gespräche zur Verfügung. Wie schon vor der Wahl vermutet: Er muss fast jedem Wähler im Wahlkreis persönlich die Hand geschüttelt haben und auch mir lief er zweimal außerhalb seiner Wahlkampfveranstaltungen über den Weg. Präsens an allen Ecken und Enden, inkl. sozialer Medien, NZ und "Politprominenz". So macht man Wahlkampf, wenn die eigene Partei gerade keinen hinter dem Ofen hervorlockt. Da hat es dann auch nicht geholfen, dass die SPD mit Daniela Behrens (Gesundheitsministerin Nds.) Prominenz aufgestellt hat. Zuerst habe ich mich gefragt, wo die SPD-Plakate sind, dann, was die Aussage der SPD ist und wo sie im Wahlkreis unterwegs ist. Und dann kommt sie auch noch mit dem umstrittenen Karl Lauterbach als Politprominenz aus Berlin in den Wahlkreis. Zugegeben, da fiel es schon schwer, sie als taktische Wahl aufgrund der CDU-Probleme zu empfehlen. Ja so kommt das, wenn man träge auf seinem Ministersessel sitzt und sowieso in den Landtag kommt (Listenplatz 2 nach Weil in der SPD). Fehlende Motivation bei Daniela Behrens, Vorteil für Seebeck.
  • Der zweite Grund des Erfolges von Claus Seebeck ist, dass er auch bei Kritik gesprächsbereit und selbstkritisch bleibt. Anders als einige seiner CDU-Kollegen. Damit konnte er sicher in Verbindung mit seinem intensiven Wahlkampf viele Wähler persönlich überzeugen. Dass dann auch hier noch Potential ist, o.k., ist aber im Wahlkampf nicht entscheidend gewesen, da auch Daniela Behrens hier gepatzt hat. Fehlende Bürgernähe im Wahlkampf und auf der Podiumsdiskussion in Hemmoor hat sie bei unserer "Bewerbungsfrage" versagt. Die hätte ich so tatsächlich auch nicht eingestellt. Jetzt will sie trotzdem wieder Ministerin werden. Nun ja.

Unter den Blinden ist der Einäugige König. Auch wenn nicht alles eitel Sonnenschein ist, hat Claus Seebeck verdient die Wahl gewonnen. Und das mit den richtigen Ansätzen. Jetzt warten allerhand Aufgabe in der CDU, in Geestland, im Landkreis und im Landtag auf ihn. Auch dürfte sich seine Position in der Niedersachsen-CDU durch seinen Erfolg bei der Erststimme verbessern. Listenplatz 73 sollte passé sein. Jetzt ist vorne mitspielen angesagt. Nur: Die CDU ist erst einmal in der Opposition. Da sitzt er im Landtag und wird erst einmal, wie vermutet, nicht so viel bewegen können.

In der Stadt Geestland bestätigt Claus Seebeck dann obige Analyse: Bei den Erststimmen erreicht er 47,5% der Stimmen (der Hemmoorer Lasse Weritz hatte 2017 1,9% weniger), während die CDU bei den Zweitstimmen nur 36,6% erreicht (2017: 39,7%).

Sehr stark ist auch hier die AfD. Sie platziert sich im Wahlkreis 057 Geestland mit knapp 11% noch vor den Grünen, während in der Stadt Geestland die Grünen knapp vorne liegen. Der Wahlsieg mit den höchsten Zugewinnen geht aber klar an die AfD. "Oha" ist man geneigt zu sagen. So viel Protest in Geestland? Bislang wurde die AfD ja als "undemokratische Partei" diskreditiert und ausgegrenzt. Geht die Taktik auch zukünftig auf? Oder war gerade das der Fehler der "Etablierten"?

Die Grünen dagegen können ihr gutes Ergebnis in Niedersachsen in Geestland nicht erreichen. Statt knapp 15% bleiben sie bei ca. 10%. Zugewinne ja, aber hier verhindert mangelndes Profil (die Grünen Themen werden von SPD und CDU belegt) und kolportiertes Negativimage ("Grün - Nein Danke") bessere Ergebnisse. Auch die Kandidatin der Grünen blieb jugendlich blass im Wahlkampf.


Die Landratswahl

Dass die etablierten Parteien sich "schon wieder" auf nur einen Kandidaten geeinigt hatten, wurde im Vorfeld negativ diskutiert ("ein Armutszeugnis", CDU, diverse NZ- und Facebook Berichte) und dürfte einen Anteil am schlechten Abschneiden gehabt haben (s.o.). Auch fehlten seinem Partei internen Widersacher Friedhelm Ottens (SPD) nur 7 der an Krüger gegangenen Stimmen für einen Nominierung.

Damit stellte sich nur die Frage, wieviel Prozent Ja-Stimmen Thorsten Krüger bekommt. Bei seinen letzten beiden Bürgermeisterwahlen (2014 und 2021) hatte er grob immer ca. 80% der Stimmen bekommen. 

Diesmal hat sich die Kritik an Thorsten Krüger trotz gleicher Unterstützung der etablierten Parteien stärker ausgewirkt: Er wurde zwar zum Landrat gewählt, aber diesmal nur mit knapp 68% der Stimmen. Die Kritik an seinem Vorgehen und seiner Person wird stärker. Es wird enger und damit nicht leichter für Krüger. 

Das diese Kritik berechtigt ist, hat er gleich am 10. Oktober 2022 mit seiner Wahlanalyse in der NZ belegt: Die vielen Nein-Stimmen wären darauf zurückzuführen, dass viele ihn gerne in Geestland als Bürgermeister behalten wollten. Gerade in Geestland hatte er aber die wenigsten Nein-Stimmen. Mit einer Zweidrittelmehrheit könne man das Grundgesetzt ändern. Soweit sind wir noch nicht, Herr Krüger, Landrat ist der neue Posten. Grundgesetzänderungen funktionieren anders. Sie sind nicht mit einfacher Wahl zu machen. Selbstbezogen und überheblich, wie wir ihn kennen, haut er gleich nach der Wahl einen Spruch nach dem anderen für die eigene Darstellung heraus. Die Kritik an seine Amtsführung wird heruntergespielt. Selbstreflektion? Kennt er nicht. Auch ignoriert er damit das gute (Protest-) Wahlergebnis der AfD und anderer "kleiner" Parteien. Gerade in Geestland. Auch das ein Ergebnis seiner Amtsführung.

Mit seinem Ego und sein damit verbundener überzogener Selbstdarstellungsdrang macht er sich selbst das Leben schwer. Schauen wir mal wie lange das gut geht und welchen Spaß wir noch mit ihm haben. 


Wahlbeteiligung

Landtagswahlen Niedersachsen

  • 2022: 60,3%
  • 2017: 63,4%
  • 2013: 59,4%


Und sonst so?

Bis auf CDU und FDP können alle Parteien zufrieden sein. Klar, hätte immer besser laufen können. Die FDP hat ein strukturelles Problem im Cux- bzw. Geestland. Ja ein paar potentielle Wähler gibts, aber die werden traditionell von der CDU eingesammelt. Und dann noch eine Kandidatin, die ihre soziale Ader betont. Da passt was nicht. Zudem die typische Schwäche als kleiner Koalitionspartner im Bund.


Und die CDU? 

Personalthemen, ein anstehender notwendiger Wandel, der nicht ausdiskutiert ist:

Das verurteilte Klatschweib Thiemo Röhler (CDU, er darf bestimmte Äußerungen über einen Cuxhavener Unternehmer nicht mehr verbreiten) hat es nicht in den Landtag geschafft. Richtig so. 

Und dann kommt doch auch gleich Enak Ferlemann, der das gleiche Schicksal mit Thiemo Röhler teilt (s.o., Link), in der NZ (10.10.22) mit weiterem Realitätsverlust um die Ecke: "Wir sind nicht als Alternative zur SPD wahrgenommen worden." War er da im falschen Film? Wie war das noch im CDU-Wahlkampf? Schön blau mit populistischen Phrasen à la AfD? Richtig. Logisch, dass man dann von der SPD keine Wähler holt, oder? Die sollten doch von der AfD kommen. Ging ja auch nicht anders. Wie soll man denn vom "großen" Koalitionspartner Stimmen bekommen, ohne die Koalition vorher über den Haufen zu werfen? Und die Stimmen von der AfD zu holen, ist mal sowas von mächtig in die Hose gegangen. Hier sollte die CDU ansetzen. Und nicht schon wieder alles schön reden. Glaubt eh keiner mehr.

Und auch hier: Claus Seebeck hat´s in der gleichen Ausgabe der NZ erkannt und selbstkritisch angesprochen: Über 10% Erstimmen für AfD-Mann Peter Würdig im Wahlkreis ist eine Klatsche für die CDU und insbesondere für ihn. Ganz anderer Schnack als das neblige Gefasel von Ferlemann. Es gibt auch gute Leute in der CDU. Nicht nur Claus Seebeck. Interner Gesprächs- und Veränderungsbedarf. Ich bin mal gespannt.


E-Mail
Anruf
Infos